Ein Leben für die Musik

Bockenem, 21. Dezember 2020

Kirchenkreiskantor Christoph Pannek nach fast 30-jähriger Amtszeit in den Ruhestand verabschiedet

Bockenem. Es war ein bewegender Moment: Kaum waren die letzten Klänge von „Let it snow“ verstummt, da erhoben sich die Zuhörer in der Bockenemer St. Pankratiuskirche von ihren Plätzen und spendeten stehenden Applaus: Für die Sopranistin Iryna Dziashko und Tenor Alexey Sayapin, aber ganz besonders für Christoph Pannek am Keyboard. Denn es war der 66-jährige Musiker, der an diesem Abend im Mittelpunkt stand. Nach fast dreißigjähriger Arbeit als Kirchenkreiskantor verabschiedete sich Pannek mit einem musikalischen Gottesdienst in den Ruhestand.

Zu gern hätte er seinen beruflichen Schlussakkord mit einem der traditionellen Weihnachtskonzerte gesetzt, die allein durch die oftmals mehr als 100 Teilnehmer immer den Charakter eines kirchenmusikalischen Familienfestes besaßen. Doch das war im Corona-Jahr 2020 nicht möglich, weshalb es neben den fröhlichen Dur-Klängen des phantasievollen Programms mit Iveta Weide (Orgel), Till Hieronymus (Oboe) sowie den beiden Gesangssolisten eben auch Moll-Klänge wegen des ausgefallenen Großkonzerts gab. „Es ist etwas leiser, aber der liebe Gott wird es sich gefallen lassen“, sagte Christian Castel als Superintendent im Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld vor der Entpflichtung von Christoph Pannek. Dem Vollblutmusiker sei es stets gelungen, Menschen in kürzester Zeit für die Musik zu begeistern. Ob beim Offenen Singen zur Adventszeit, den Chorproben oder der Veranstaltungsreihe „Chöre auf dem Königsweg“ - von Anfang an habe sich Pannek engagiert und selbstverständlich den Aufgaben gestellt und dabei niemanden überfordert.

Dass ihn die Noten ein Leben lang begleiten sollten, wurde schon in seiner Kindheit deutlich. Bereits als Neunjähriger setzte sich der kleine Christoph ans Harmonium, erfreute seine Eltern im sächsischen Johanngeorgenstadt bei der gemeinsamen Hausmusik. Dass in ihm mehr schlummerte als nur daheim zu musizieren, fiel seinem damaligen Musiklehrer auf, der Pannek nach dessen Ausbildung zum Akkordeonbauer ein Studium an der Hochschule für Kirchenmusik in Halle empfahl. Ein Glücksfall für die Musiker im Osten, denn unmittelbar nach dem Studium wurde Pannek am 1. März 1979 Landessingwart, war für 360 Chöre in der gesamten ehemaligen DDR zuständig. Der Mann konnte die Menschen begeistern, brachte als leitender Dirigent bis zu 1000 Sängerinnen und Sänger zusammen, schuf damit sozusagen die Fischer-Chöre des Ostens. Zwar stand Pannek bis zum Zusammenbruch der DDR unter staatlicher Beobachtung, blieb aber unbehelligt, solange er sich auf die kirchliche Arbeit beschränkte: „Öffentliche Auftritte wären auch nie und nimmer genehmigt worden“, sagt der Vollblutmusiker.

Nach der Wende war es allerdings mit der Zeit als Landessingwart vorbei. Das Büro in Ost-Berlin wurde geschlossen, Pannek musste sich auf die Suche nach einer neuen Dienststelle mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen machen. Die fand er im damaligen Kirchenkreis Bockenem-Hoheneggelsen, wo er sich gegen mehrere Mitbewerber als Kirchenkreiskantor durchsetzte. Wie in der DDR kümmerte er sich fortan um die Betreuung und Ausbildung nebenberuflicher Organisten und Chorleiter, leitete die Kantorei und diverse Flötenkreise und erweiterte das kirchenmusikalische Angebot Als im Jahr 2004 die Kirchenmusikerstelle in Elze wegfiel, verdoppelte sich plötzlich das Einsatzgebiet des Kantors, der von heute auf morgen für 47 Gemeinden zuständig war. Doch Pannek machte aus dieser Not über die Jahre eine Tugend, knüpfte ein großes Netzwerk und bot regelmäßig Angebote in vielen Gemeinden vor Ort an.

Als Ruheständler bleibt Bockenem sein Lebensmittelpunkt. Und wenn sich die eine oder andere musikalische Möglichkeit bietet, dann sagt Pannek bestimmt nicht nein. Denn die Arbeit empfand er nie als Beruf sondern als Berufung. Peter Rütters