Stellungnahme von Superintendentin Katharina Henking zum Weggang von Pastor Christian Diederichs

Nachricht Alfeld, 15. September 2020

Liebe Gemeinde,

Pastor Christian Diederichs verlässt Alfeld und übernimmt zum 1. November eine neue Aufgabe in der Landeskirche. Die Entscheidung, einen Pfarrstellenwechsel anzustreben, ist in den letzten Wochen in vielen Gesprächen zwischen Pastor Diederichs, dem Landeskirchenamt und mir als seiner Superintendentin gemeinsam getroffen worden.

Auslöser für diesen Prozess war ein von Pastor Diederichs im Juli verfasstes „Wort zum Sonntag“ für die Alfelder -und die Leine-Deister-Zeitung, dessen Veröffentlichung in der Presse durch die Leitung der Zeitungsredaktionen nach Rücksprache mit den beiden Superintendenten Christian Castel und Katharina Henking aufgehalten wurde.

Meines Erachtens stellt Pastor Diederichs in diesem Text die Singularität des Holocausts in Frage. Pastor Diederichs selbst zog nach der Reaktion von Zeitung und Kirchenleitung seine Erlaubnis zur Veröffentlichung des Textes unwiderruflich zurück.

Als Superintendentin distanziere ich mich in aller Form von den Inhalten dieses Textes. Im Raum des „Wortes zum Sonntag“ spricht niemand als Privatperson, sondern als Pastor*in, die/der das öffentliche Amt der Verkündigung innehat und damit immer auch in besonderer Verantwortung für die Kirchengemeinde und die Bürgergemeinde steht.

Leider ist dieser Text, obschon er nicht veröffentlicht wurde, dennoch weitergereicht worden, und damit doch in gewisser Weise in der Welt. Pastor Diederichs hat sich nach der Entscheidung, diesen Text nicht zu veröffentlichen, seinerseits von seinem „Wort zum Sonntag“ distanziert und seinen Text als missverständlich und als Fehler bezeichnet. Eine entsprechende Erklärung hat er gegenüber dem Geistlichen Vizepräsidenten des Landeskirchenamtes, Arend de Vries, abgegeben.

Pastor Diederichs sieht den bevorstehenden Wechsel als eine Chance, die er auch aus biografischen und persönlichen Gründen ergreift.

Ich habe Christian Diederichs als einen hoch engagierten Pastor erlebt, der sich in den vergangenen Jahren in die Herzen vieler Menschen gepredigt und herausragende Projekte, wie z.B. die Orgelrenovierung in der Nicolai Kirche Alfeld befördert und umgesetzt hat. Sein Weggang ist sicherlich für viele in der Gemeinde ein Schock. Die Dienste, die er hier in all den 18 Jahren geleistet hat, werden nicht geschmälert durch diese gemeinsame Entscheidung. Wir werden darum ringen müssen, uns als Gemeinde in dieser aufwühlenden Phase nicht auseinander treiben zu lassen. Ich bin Pastor Diederichs dankbar, dass er den Neustart am anderen Ort auch als eine Chance versteht und ich wünsche ihm dafür viel Kraft und Gottes Segen.

Pastor Diederichs wird eine andere Aufgabe als Pastor in  der Landeskirche übernehmen.  Die Vorgänge, die zum Weggang von Pastor Diederichs geführt haben, werden vom Landeskirchenamt der Landeskirche dienstrechtlich überprüft.

Pastor Diederichs möchte auf eine offizielle Verabschiedung verzichten. Diesen Wunsch respektiere ich voll und ganz. Ich möchte die Gemeindeglieder, die ihm ein persönliches Zeichen des Dankes geben möchten, bitten, dies auf persönlichem Wege zu tun.

Wie wird es vor Ort in Alfeld weitergehen? Ab dem 1. November wird in der Nicolaigemeinde auf der Pfarrstelle, die Pastor Diederichs innehatte, eine Vakanz eintreten. Pastor Michael Kratochwill, der in der Nicolai- und in der Friedenskirche tätig ist, wird die offizielle Vakanzvertretung übertragen. Unterstützt wird Pastor Kratochwill von seinen Kollegen Pastorin Andrea Haase, Springerpastorin im Amtsbereich Alfeld, und Pastor Heinrich Schlimme, Altenheimseelsorger in Alfeld.

Die Stelle wird sobald als möglich zur Wiederbesetzung freigegeben und öffentlich ausgeschrieben. Im Besetzungsverfahren ist die Stadt Alfeld als Patronin maßgeblich beteiligt.

Alfeld, 22.September 2020

Katharina Henking
Superintendentin des Kirchenkreises Hildesheimer Land/ Alfeld (Alfeld)

 

Stellungnahme der Landeskirche Hannovers:

„Die Landeskirche Hannovers distanziert sich in aller Form von dem Andachtstext von Pastor Diederichs. Eine Formulierung, die auch nur den Anschein erweckt, dass sie den Holocaust relativiert, ist für uns in keiner Weise tragbar. Als Landeskirche stellen wir in unserer Verfassung klar, dass wir um die Schuld unserer Kirche gegenüber Jüdinnen und Juden und dem Judentum wissen und eine besondere Verantwortung tragen, jeder Form des Antisemitismus und damit jeder Relativierung des Holocausts eindeutig zu widersprechen.

Seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Pastor Diederichs prüft das Landeskirchenamt, inwieweit über den aus Sicht des Landeskirchenamtes inakzeptablen Inhalt hinaus der Andachtstext eine Amtspflichtsverletzung darstellt, die die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens gegen Pastor Diederichs notwendig macht.“

Hannover, 14.09.2020
Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann, Pressesprecher der Landeskirche Hannover

Erklärunq des Kirchenvorstands zum Stellenwechsel von Pastor Diederichs

Liebe Gemeinde,

Pastor Christian Diederichs verfasste Ende Juli dieses Jahres ein Wort zum Sonntag als Beitrag für die Alfelder Zeitung. Obwohl dessen Text nicht veröffentlicht wurde, hat er zu weitreichenden Konsequenzen geführt, die unser Gemeindeleben sehr vielfältig berühren.

Wir möchten Stellung beziehen:

 zum bekannt gewordenen Inhalt des Textes von Pastor Diederichs
  zu seinem Weggang aus unserer Gemeinde  zu seinem Wirken in unserer Gemeinde.

Es ist nur schwer möglich, über ein Wort zum Sonntag zu diskutieren, dessen Veröffentlichung Pastor Diederichs selbst untersagt hat. Bekannt ist geworden, dass der Text die Einzigartigkeit des Holocausts in Frage stellt und damit die Tragweite dieses Verbrechens relativiert. Pastor Diederichs hat sich selbst der Landeskirche gegenüber von seinem Wort zum Sonntag distanziert und es als einen Fehler bezeichnet.

Unsere Superintendentin, Frau Katharina Henking, hat sich in Kenntnis des Textes klar und deutlich von den Inhalten distanziert. Der Kirchenvorstand unterstützt ihre Haltung uneingeschränkt. Wir dürfen nicht aufhören, die Erinnerung an die Verbrechen der NaziDiktatur in unserem Land als Mahnung wachzuhalten.

Pastor Diederichs wird zum 31.10.2020 unsere Kirchengemeinde verlassen. Es ist wichtig, festzustellen, dass dieser Schritt einvernehmlich mit ihm entschieden wurde.

Vorwürfe gegenüber unserer Superintendentin, Sie habe den Stellenwechsel von Christian Diederichs zu verantworten, entbehren deshalb jeglicher Rechtfertigung.

Der Kirchenvorstand ist dankbar für die Bemühungen von Frau Superintendentin Henking, die Pastor Diederichs in vielfachen Gesprächen begleitete und mit ihm gemeinsam einen Weg fand, damit er an einem anderen Ort eine neue Aufgabe übernehmen kann. Dafür hat sich Christian Diederichs ausdrücklich bedankt.

Während der 18 Jahre seines Wirkens in unserer Gemeinde hat Pastor Diederichs sich in vielfältigen Bereichen des Gemeindelebens mit großem persönlichem Einsatz eingebracht. Die Gemeindemitglieder haben ihn zugewandt, fröhlich und herzlich erlebt. Er hat die Kontroverse geschätzt und forderte sie heraus. Auch diese Seite an ihm haben viele Menschen unter uns kennen gelernt, und manche haben mit der Art und Weise der Äußerungen große Mühe gehabt.

Wir hätten gerne die Verabschiedung von Pastor Diederichs gemeinsam mit der Gemeinde während des Gottesdienstes am 27.09.2020 in einem angemessenen Rahmen durchgeführt. Leider nahm er aus nachvollziehbaren Gründen selbst davon Abstand. Es wäre nicht nur unser Wunsch, sondern auch der vieler Gemeindemitglieder gewesen, sich angemessen zu verabschieden.

Daher bedanken wir uns an dieser Stelle bei Pastor Diederichs für sein Wirken für die Menschen in unserer Gemeinde.

Wir wünschen ihm für seine Zukunft von Herzen alles Gute und Gottes Segen.

Der Kirchenvorstand der St. Nicolai-Kirchengemeinde in Alfeld/Leine