Generalkonvent: Landesbischoff warnt vor "Erlösergestalten"

Nachricht Hildesheim, 08. Oktober 2025

Meister kritisiert falsche Sehnsucht nach starker Führung

Nach der Predigt informierte Landesbischof Ralf Meister über Entwicklungen in der Landeskirche und das große Interesse am Verfahren zur Neubesetzung der vakanten Stelle der Regionalbischöfin bzw. des Regionalbischofs für den Sprengel. Foto: Gunnar Müller

Hildesheim. Zum Thema „Demokratie als Friedensordnung“ haben sich kürzlich mehr als 200 kirchlich Mitarbeitende beim Generalkonvent des Sprengels Hildesheim-Göttingen in der Hildesheimer Michaeliskirche getroffen. Landesbischof Ralf Meister hielt dabei eine politisch geprägte Predigt, in der er vor überhöhten Heilsfiguren warnte, die sich selbst inszenieren oder von anderen verklärt werden. „Das sind gefährliche Antworten von Erlösergestalten, die keine Antworten haben auf die großen Herausforderungen“, sagte Meister. „Das Reich Gottes beginnt nicht im Oval Office, auch nicht im Parlament, sondern im Herzen.“

Meister sprach in seiner Predigt von gesellschaftlicher Sehnsucht nach starker Führung. In der Folge wendeten sich in vielen Ländern Menschen Figuren zu, die sich wie Erlöser inszenierten – nicht nur in autoritären Systemen, sondern auch in westlichen Demokratien. „Erschreckend bleibt für mich, dass sogar in demokratischen Rechtsstaaten Mehrheiten autoritäre Herrscherfiguren an die Spitze wählen.“

Leitungsverantwortung müsse transparent gestaltet und im Dienst anderer ausgeübt werden. „Das Ziel ist nicht, Macht loszuwerden – es ist, sie sinnvoll zu nutzen.“ Für die Kirche formulierte er den Auftrag, Gewissen zu bilden und Verantwortung zu stärken. Sie solle kein Machtakteur sein, sondern einen „Gewissensraum“ eröffnen, in dem Orientierung entstehen könne. „Die Wahrheit des Evangeliums ist nicht durchsetzbar – sie ist bezeugbar. Sie zwingt nicht – sie lädt ein. Sie herrscht nicht – sie heilt.“

Elvin Hülser vom Antikriegshaus Sievershausen sprach beim Generalkonvent über die Verantwortung für die Demokratie und stellte das Publikum mit interaktiven Fragen auf die Probe. Foto: Thomas Schlenz

Der Geschäftsführer des Antikriegshauses Sievershausen, Elvin Hülser, stellte in seinem Vortrag „Demokratie als Friedensordnung?! Unsere Verantwortung für die Demokratie“ die Zuhörenden auch selbst auf die Probe: Mit einem digitalen Abstimmungstool konnten sie ihre Haltung zu Demokratie und Politik sichtbar machen. Fast allen war es sehr wichtig, in einer Demokratie zu leben, und eine große Mehrheit zeigte sich grundsätzlich zufrieden mit der Demokratie in Deutschland. Deutlich skeptischer äußerten sich die Teilnehmenden jedoch zur aktuellen Politik – mehr als die Hälfte bewertete sie eher negativ. Auffällig war ein Widerspruch: Während viele die gesellschaftliche Zukunft pessimistisch sahen, blickten sie zugleich zuversichtlich auf die Perspektiven ihrer eigenen Familien.

Hülser mahnte, vermeintliche Selbstverständlichkeiten wie Frieden oder Demokratie nicht als gegeben hinzunehmen. „Vielleicht sind wir da über die Jahre zu bequem geworden“, sagte er. Notwendig sei es, diese Themen immer wieder ins Gespräch zu bringen und neue Perspektiven zuzulassen. Demokratie brauche die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen – und sie lebe vom aktiven Beitrag der Menschen. „Wir können etwas entwickeln, aus unserem Glauben, aus der Kirche heraus – der Demokratie wird dies guttun.“

Von Gunnar Müller