Das Geheimnis der Zeitkapsel ist gelüftet

Nachricht Mehle, 24. Juni 2025

Restaurator legt in Hildesheim die Mehler Dokumente aus dem Jahr 1966 frei

Mehle/Hildesheim. Alle Augen sind an diesem Dienstagnachmittag auf Dirk Zeyher gerichtet. Der Restaurator steht in seiner Hildesheimer Werkstatt und bearbeitet mit einer Säge die kupferne Dokumentenkapsel vom Mehler Kirchturm. Millimeter um Millimeter frisst sich die Säge durch das Metall, mit einem Schraubendreher kann Dirk Zeyher schließlich den Deckel aufhebeln. Eigentlich sollte der Zylinder bereits vor Tagen hoch oben über dem Dorf geöffnet werden, doch dann hatte festsitzender Rost an der Kuppel dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Per Kettenzug und Schweißbrenner war Dirk Zeyher dieser Tage zu Werke gegangen, um das Problem zu lösen. Mit Erfolg: jetzt liegt die Kapsel vor ihm und kann endlich ihr Geheimnis preisgeben. Pastorin Debora Becker sowie Gunda Tomanek, Ines Schilde-Brennecke und Heinrich Schilde sind extra aus Mehle angereist, wollen dabei sein, wenn der Inhalt der Kapsel freigelegt wird. Vorsichtig zieht der Restaurator ein ganzes Bündel Papier aus dem 23 Zentimeter langen Zylinder. Zum Vorschein kommen ein Schwarz-Weiß-Foto vom eingerüsteten Mehler Kirchturm aus dem Jahr 1966 mit der Unterschrift des damaligen Pastors Karl-Friedrich Vergas auf der Rückseite, eine Beschreibung der Reparaturarbeiten am Kirchturm samt Chronik sowie ein Zeitungsexemplar vom 25. August 1966.

Eifrig studieren die Gäste aus Mehle die Zeitdokumente, erfahren, dass die rund 16.400 Mark teure Neueindeckung des Kirchturms bitter nötig war, da immer wieder Schieferplatten zu Boden gefallen waren. Auf großes Interesse stoßen auch die Artikel in der Zeitung: damals werden die ersten Pläne für ein Justizzentrum an der Kaiserstraße in Hildesheim bekannt, und in Elze stehlen unbekannte Täter in der Elzer Löwenstraße alle vier Radkappen eines geparkten Autos. Eine Notiz, die für Heiterkeit in der Werkstatt sorgt, da derartige Meldungen heute kaum noch berichtenswert seien. Gleichwohl sollen sämtliche Dokumente aus der Vergangenheit kopiert werden und einen Platz in Mehle erhalten.

Noch an Ort und Stelle reifen die ersten Ideen, was nach Abschluss der aufwändigen Dacherneuerungen von Turm und Kirchenschiff für 685.000 Euro einmal für die Nachwelt in die neue Kapsel hineingelegt werden soll. Die Rede ist von aktuellen Fotos aus der Vogelperspektive, eine fortgeschriebene Kirchenchronik, eine Tageszeitung und ein paar Euromünzen. Pastorin Debora Becker: „Wahrscheinlich gibt es in der Zukunft kein Bargeld mehr.“ Das könnte die Kirchengemeinde aber freilich gut gebrauchen. Zwar übernimmt die Landeskirche die Sanierungskosten, Wetterfahne, Kuppel und Zeitkapsel müssen aber die Mehler selbst bezahlen. Peter Rütters